Yeti Power Team


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Slalom Inside

Automobilslalom

Faszination Automobilslalom
von Jörg Ruchatz

An verschiedenen Wochenenden im Jahr sieht man sie hin und wieder auf abgesperrten Parkplätzen und Industriegeländen. Sie jagen mit bunten tiefer gelegten und aufheulenden Fahrzeugen in Haaresbreite um kleine orange Hütchen und bringen dabei ihr Automobil in physikalische Grenzzustände.
Ein Wertungslauf dauert meist nur zwischen ein bis zwei Minuten.

Ein bis zwei Minuten voller Power und Aktion !

Aber was macht den Reiz des Automobilslaloms eigentlich aus ?

Eigentlich fängt alles ganz harmlos an.

Wie bei so vielen anderen Menschen beginnt die Sucht und Sehnsucht zum Automobilslalom ganz harmlos, aber dafür ist sie umso gefährlicher !

Man(n) fährt rein zufällig eines Sonntag nachmittags spazieren und kommt an einem großen Parkplatz vorbei, auf dem wundersames geschieht. Merkwürdige Menschen laufen dort in roten Warnwesten umher, Autos fahren mit schneller Geschwindigkeit um dafür aufgestellte Pylonen und sobald ein Fahrzeug eine Pylone umwirft, rennen sofort die leuchtenden Menschen los, um diese wieder exakt auf die ihr angedachte Position zu stellen. Komisch.

Also, angehalten und sich das Schauspiel mal näher und zu Fuß angeschaut.

Der Parkplatz, das Fahrerlager.

Ein für Laien unübersichtliches Durcheinander von Rädern, Wagenhebern, Anhängern, Servicefahrzeugen und Rennwagen. Rennwagen ? Manche dieser “ Rennwagen” unterscheiden sich für den Laien gar nicht von einem Serienfahrzeug ! Später werde ich erfahren, das es sich hier um Gruppe G Fahrzeuge handelt. Andere Fahrzeuge sehen aus wie “echte Rennwagen” ! Auch hier werde ich erfahren, das dies Fahrzeuge der Gruppe F+H sind: kaum mehr was von einem Serienfahrzeug vorhanden, schrille Farben, Aufkleber der Sponsoren und so tief, das der geneigte “Motorsportfan” sicher seine wahre Freude im Straßenverkehr damit hätte. Die Fahrer: freundlich, offen für ein nettes Gespräch und sehr auskunftsfreudig über ihre Autos ! Keine “Starallüren” , keine “Hochnäsigkeit”. Benzingespräche erwünscht. Motorsport zum Anfassen !

Die Strecke.

Für den interessierten Zuschauer auf den ersten Blick etwas schwer “zu lesen” und nachzuvollziehen. Nach dem Studium des ausgehangen Streckenplanes am Nennungsbüro, wird auch der ungeübte Besucher den Streckenverlauf schnell erkennen und die schnelle Fahrt der Akteure nachvollziehen können. Auch ich werde in diesen Bann gezogen und bleibe den Rest des Tages bis zum bitteren Ende vor Ort und schaue mir alle Fahrzeugklassen an und bewundere die Virtuosen am Lenkrad, wie diese ihre automobilen Preziosen mit der schnellstmöglichen Geschwindigkeit durch den eng gesteckten Parcours dirigieren. Faszinierend !

Nach diesem Erlebnis habe ich beschlossen, die nächsten umliegenden Veranstaltungen zu besuchen. Nach der zehnten Veranstaltung als Zuschauer fühlt man mit den Fahrern, wenn diese ein Tor auslassen oder einen Pylon umwerfen.

Nach der ersten Saison als Zuschauer die ersten Zweifel. Warum nur zuschauen ? Kann ich das wohl auch ? Werden die andern erstmal lachen, wenn ich dort unbeholfen mit meinem Serienauto um die Pylonen “schiffe” oder gar Tore auslasse ?

Die neue Saison.

Mein Auto, über den Winter tiefer gelegt, und mit Serienreifen ausgestattet.

Der erste Slalom steht an. Ich werde mutig und kaufe mir eine Tageslizenz am Nennungsbüro.

Mein Puls steigt. Technische Abnahme. Ich frage mich durch das Fahrerlager, wie das hier funktioniert und wann ich wo hin muss. Keiner guckt mich schief an. Alle sind freundlich und helfen, kommen sogar mit bis zur Abnahme, nachdem sie erkannt haben, das ich heute Premiere habe. Mein Auto kommt an die Abnahme. Ich habe weiche Knie. Der technische Kommissar, streng, aber bestimmt und freundlich. Abnahme bestanden.

Nach langem hin und her suchen komme ich in die Startvoraufstellung.

Alle sind nett und freundlich, alle scheinen sich zu kennen. Binden mich mit in die Gespräche ein. Ich rolle an die Startlinie. Mein erster Slalom.

Der Vorlauf startet.

Mir rinnt der Schweiß unter meinem extra neu gekauften Helm über die Stirn. Meine Brille will beschlagen, nur das jetzt nicht !

Ich bekomme das Startzeichen und fahre los. Ich “jage” mein Auto durch das erste Tor, mein Gott was stehen die Hütchen hier eng ! Ich kämpfe unbeholfen mit dem Lenkrad., ich dachte ich kann gut Autofahren ! War wohl nichts ! Links, rechts und sofort wieder links. Ich komme ins schwitzen, der Parcours “sau”eng und niemals endend ! Wieso sieht das bei den anderen immer so einfach aus ? Warum rudere ich hier im Auto wie wild umher und warum fahren die anderen so “flüssig” durch den Parcours ?? Fragen über Fragen !

Endlich ich sehe das Ziel ! Ich gebe nochmal richtig Gas und schieße auf das Ziel zu , geschafft. Mein erster Automobilslalom ist beendet und ich bin .... letzter ! Ich dachte ich war schnell ?

Mein Puls beruhigt sich wieder. Ich nehme den schweißnassen Helm ab. Doch nicht so einfach, da mit dem Auto um die Hütchen zu wedeln. Aber, ich bin angekommen, wenn auch mit einer Zeit, die ich wohl auch zu Fuß erreicht hätte.

Erster Wertungslauf.

Ich rolle wieder an die Startlinie. Mein Puls ist wieder hoch. Meine Brille will wieder beschlagen.

Ich umfasse fest , fast verkrampft, mein Lenkrad. Start! Diesmal geht es ein wenig besser um die Hütchen. Ein wenig, denn dann kommt ein dumpfes Geräusch von vorne links, da fällt die erste Pylone ! Aufregung, Entsetzen, vor lauter Aufregung ein Tor ausgelassen ! Den Rest wenigstens noch mit Anstand zu Ende fahren. Ist ja Training ! Das Ziel , Gott sei Dank zu Ende !

Ich springe aus dem Auto, reiße den Helm runter. Da putze ich jahrelang mein Auto mit Wattestäbchen, poliere jede tote Fliege vom Lack, und pflege und hege mein Auto. Und jetzt setze ich ihn hier solchen Gefahren aus. Daran habe ich gar nicht gedacht ! Ein Blick nach vorne Links zeigt deutlich Gummispuren von der Pylone. Meine ersten Kampfspuren, nicht die Letzten.

Das hatte ich nicht mit einkalkuliert ! Denkfehler.

Zweiter Wertungslauf.

Bloß nicht wieder an die Pylonen fahren. Denk an dein Auto und den Lack !

Ich eiere um den Parcours, vor Angst, wieder mein Auto zu beschädigen.

Zeit ? Egal, ich bin kleinlaut geworden. Nach einer unendlichen Zeit das Ziel. Ich bin mit uneinholbarem Abstand letzter !

Ich fahre frustriert nach Hause und poliere sofort den Gummiabrieb vorne weg.

Nachdenken. Frust. Mein Weltbild in Sachen Automobilslalom hat sich geändert. Wer hat hier was von Einsteigermotorsport und einfach gesagt ? Wie machen die das denn wohl mit diesen Gruppe H Autos ? Unglaublich. Mein nächster Slalom ist wieder als Besucher geplant.

Mein armes Auto.

Der nächste Slalom steht an. Ich kann nicht anders. Das Gefühl, welches ich beim Fahren hatte, will ich nochmals erleben. Egal, Macken am Auto können ausgebessert werden.

Ich stehe wieder im Fahrerlager und frage mich, ob ich denn wohl noch Herr meiner Sinne bin.

Bin ich. Abnahme. Vorstart. Start. Diesmal konzentriert. Ich weiß ja was kommt. Die Brille will nicht mehr beschlagen. Ich starte, fahre los. Diesmal geht alles schon ein wenig flüssiger.

Ich kann sogar die Strecke bewusst wahrnehmen und sitze nicht wie gehetztes Kaninchen im Auto. Alles klappt gut. Ziel ! Nicht mehr letzter ! Vorletzter ! Egal, heil angekommen.

Die nächsten zwei Jahre, Lehrjahre. Die nachfolgenden Saisonen , Autoumbau, Klassenwechsel.

Faszination Automobilslalom. Fahrzeugwechsel. Die ersten Siege. Droge Pylonenkampf.

Aber was ist daran so faszinierend ?

Du und dein Auto, alleine im Kampf gegen die Uhr. Kein Gegner auf der Strecke, nur du.

Du musst dein Fahrzeug beherrschen, es nicht nur fahren können, du musst es kennen, es lesen und verstehen können. Du musst es wie ein Virtuose wie ein Musikinstrument spielen können.

Auto fahren kann jeder. Autoslalom fahren noch lange nicht jeder.

Du musst dich konzentrieren, am Start musst du dich voll und ganz auf die Strecke einstellen, diese vorher verinnerlichte Strecke wie selbstverständlich abfahren. Eins werden mit deinem Auto und hören, wenn es dir was sagt.

Ich vergleiche den Automobilslalom immer mit dem Segelfliegen, welches ich auch praktiziert habe. Wer ein Segelflugzeug fliegen kann , kommt auch mit jedem anderen Flugzeug zurecht, denn du hast nur einen Start und einen Landeanflug. Durchstarten geht nicht !

Wer im Automobilslalom sein Auto kennenlernt und lernt damit umzugehen, der wird auf jeder Rennstrecke mit diesem seine Leistung bringen ! Sein Fahrzeug mit V/max wenige cm an den Pylonen vorbei zu bewegen ohne diese umzuwerfen oder zu verschieben und die beste Zeit im Starterfeld zu fahren, ist immer wieder eine Herausforderung.

23 Jahre später.

Ich baue wieder ein Auto für den Automobilslalom auf.

Die Faszination, der Kick lässt mich nicht los.

Ich will wieder mit meinem Auto auf den Parcours.

2009 ist es wieder so weit. Ich kann es kaum erwarten.

Adrenalin, Konzentration, Nervenkitzel, Motorsport pur.


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